Der kleine Stein, gerade mal so groß wie ein Stecknadelkopf, ist nun in ein Döschen gesperrt. Dort kann er nun keinen Ärger mehr machen. Oder besser gesagt: keine Schmerzen, die Florian Dreyer (37) über viele Wochen immer wieder geplagt hatten. Das kleine Steinchen – ein sogenannter Speichelstein – drückte den Förderschullehrer aus dem Landkreis Osterholz im Unterkiefer. Er verstopfte dort den Ausgang einer Speicheldrüse so hartnäckig, dass es immer wieder zu Schwellungen kam und schließlich sogar eine OP im Speicheldrüsenzentrum am Klinikum Bremen-Mitte nötig wurde.
„Nierensteine kennt man ja. Speichelsteine dagegen sind den meisten weitgehend unbekannt“, sagt Prof. Andreas Naumann, Chefarzt der Hals-Nasen-Ohren-Klinik am Klinikum Bremen-Mitte, zu der das Speicheldrüsenzentrum gehört. Dennoch komme solch eine Verstopfung des Drüsenkanals relativ häufig vor. Etwa 250 Fälle behandelt Naumann in seiner Bremer Klinik pro Jahr. Deutschlandweit gebe es jährlich etwa 5.000 Fälle.
Kann der Kanal nicht mehr mit Speichel durchspült werden, kann es leicht zu Entzündungen kommen. Gerade wenn viel Speichel produziert wird, der dann nicht mehr durch die verstopfte Drüse kommt, wird es für Patienten schmerzvoll. „Da hat es schon gereicht, wenn man nur an Essen gedacht hat“, erzählt Florian Dreyer. Das Wasser also im Mund zusammenlaufen wollte, aber nicht so recht konnte.
„Die Entfernung eines solchen Steins ist Millimeterarbeit“, erzählt Naumann. In einem ohnehin schon schmalen Drüsengang muss der Operateur mit ganz feinem Werkzeug und ruhiger Hand das Steinchen erwischen, das in den meisten Fällen nur wenige Millimeter groß ist. „Es gibt aber auch Ausnahmen, das größte Steinchen, das ich entfernt habe, war fast vier Zentimeter groß“, erzählt Naumann. Mit einem winzigen Fangkorb geht der Chirurg bei einer OP in der Drüse auf Steinchenjagd, bis der Übeltäter gefangen ist.
Speichelsteine sind nur eins von vielen Problemen, die im Speicheldrüsenzentrum behandelt werden. Das Zentrum, das in diesem Mai sein fünfjähriges Bestehen feiert, therapiert zum Beispiel auch gut- und bösartige Tumorerkrankungen der Speicheldrüsen. Die Ärzte im Zentrum können Tumore nicht bloß entfernen, sondern auch nachträglich alle Gesichtsnerven wieder herstellen. „Wir haben hier ein sehr breites Behandlungsspektrum für einen relativ kleinen Bereich im Mund und Kieferbereich“, sagt Naumann.
Drüsenmassage und saure Drops
Der kleine Speichelstein bedeutete für Florian Dreyer einen dreitägigen stationären Klinikaufenthalt – samt OP unter Vollnarkose. „Früher musste in solchen Fällen oft die komplette Drüse entfernt werden“, sagt Naumann. „Heute können wir aber minimalinvasiv viel genauer arbeiten. Das Steinchen kann entfernt werden, ohne die gesamte Drüse in Mitleidenschaft zu ziehen.“
Um solch einen Stein wieder loszuwerden, könnten zunächst auch Drüsenmassagen helfen, man sollte zudem ausreichend trinken. Und auch ein saurer Drops könne helfen. „Saures regt den Speichelfluss an und hilft so beim Durchspülen der Drüse“, sagt Naumann.
Stein aus Calciumphosphat
Aber wie bilden sich solche Speichelsteine überhaupt? „Die Konsistenz des Speichels kann sich immer mal ändern, auch mal zähflüssiger werden“, sagt Naumann. Durch Ablagerungen könne sich dann irgendwann solch ein Steinchen – in der Fachsprache Sialolith genannt – bilden. Das kommt insbesondere bei Menschen im Alter zwischen 20 und 50 Jahren vor, bei Männern häufiger als bei Frauen. Solche Steine bestehen vorwiegend aus Calciumphosphat. Diabetiker und Menschen, die unter Gicht leiden, haben ein höheres Risiko, einen Speichelstein zu bilden.
Mehr Infos zum Speicheldrüsenzentrum und dazugehörige Sprechstunden findet man im Internet unter www.klinikum-bremen-mitte.de.