Was als erster vorsichtiger Versuch begann, kann nach etwas mehr als 20 Jahren als großes Erfolgsmodell verbucht werden. Am 1. Januar 1994 ging nach einem dreimonatigen Testlauf die bundesweit erste hämatologisch-onkologische Tagesklinik (HOT) am Klinikum Bremen-Mitte in Betrieb. Dr. Jörg Gröticke, damals einer der Initiatoren und mittlerweile Leitender Oberarzt der Medizinischen Klinik I, blickt auch mit ein wenig Stolz auf die vergangenen 20 Jahre zurück: „Wir wussten aus unserer täglichen Arbeit, dass viele Patienten trotz ihrer Krebserkrankung nicht bettlägerig sind und wegen der Trennung von ihren Familien leiden. Die Gründung einer Tagesklinik speziell für Krebspatienten war daher nur logisch. Die Rückmeldungen der Patienten waren von Beginn an sehr positiv.“
Mittlerweile gehört die hämatologisch-onkologische Tagesklinik zu den größten ihrer Art in Deutschland. Zu Spitzenzeiten werden dort täglich bis zu 100 Patienten versorgt. Behandelt werden alle Arten von Blut- und Krebserkrankungen: von Leukämie über Lymphdrüsenkrebs bis hin zu Magen- oder Darmkrebs. Die Patienten kommen morgens in die Klinik, erhalten dort ihre Therapie und können spätestens abends wieder nach Hause. „Der große Vorteil einer Tagesklinik ist, dass die Patienten nach der Therapie in ihr gewohntes soziales Umfeld zurückkehren können. Der familiäre und soziale Rückhalt ist gerade bei schweren Krebserkrankungen ein wichtiger Faktor“, sagt Dr. Gröticke. Dank des regelmäßigen Wechsels zwischen Zuhause und Tagesklinik verkraften die Patienten die Strapazen der mitunter belastenden Therapien auch psychisch besser. Speziell ausgebildete Psychologen und Pflegekräfte kümmern sich zusätzlich um die Patienten.
Das Modell der onkologischen Tagesklinik hat mittlerweile Schule gemacht. Was am Klinikum Bremen-Mitte seinen Anfang nahm, ist an vielen spezialisierten Krankenhäusern in Deutschland selbstverständlich geworden. „Wichtig für den Erfolg einer Tagesklinik ist auch der enge Kontakt zu den niedergelassenen Haus- und Fachärzten“, sagt Dr. Gröticke. Dank des Bremer Modells hat sich die Verweildauer von Krebspatienten in der Klinik deutlich verkürzt. Wichtige Therapien wie die Transplantation von Stammzellen, Chemotherapien in Form von Infusionen oder spezielle Schmerztherapien können tagesklinisch erfolgen.