Ein Sturz hat für ältere Menschen meistens schwerwiegende Folgen. Oft reicht eine vermeintlich harmlose Stolperfalle wie eine Teppichkante oder Stufe aus, um schwere Verletzungen zu verursachen. Typische Diagnosen nach Stürzen sind Brüche des Oberschenkelknochens, des Beckens oder der Wirbelkörper. Im alterstraumatologischen Zentrum der Gesundheit Nord arbeiten Unfallchirurgen und Geriater Hand in Hand, denn: je früher die rehabilitative Behandlung nach einer Operation beginnt, desto größer ist die Chance, dass die Patientinnen und Patienten wieder so mobil werden wie vorher. Nun ist dieses Zentrum erfolgreich zertifiziert worden.
„Alte Menschen brauchen nach einem unfallchirurgischen Eingriff eine andere Unterstützung als junge Patientinnen und Patienten“, sagt Dr. Knut Müller-Stahl, Chefarzt der Unfallchirurgie im Klinikum Bremen-Mitte. „Vorerkrankungen können einen nachteiligen Einfluss auf den Heilungsprozess haben. Hinzu kommt, dass operative Eingriffe für ältere Menschen belastender sind. Und gerade demenzerkrankte Patienten sind durch einen Krankenhausaufenthalt oft sehr verunsichert. Dann braucht es nicht nur den Unfallchirurgen, sondern auch den Altersmediziner, um die Patienten optimal zu betreuen und das vorhandene Rehabilitationspotential bestmöglich zu nutzen.“ Um die speziellen Bedürfnisse dieser Patientengruppe im Blick zu haben und sie optimal versorgen zu können, kooperieren die Spezialisten aus beiden Fachbereichen – Geriatrie und Unfallchirurgie – schon seit vielen Jahren eng miteinander. „Das ist gut für unsere Patientinnen und Patienten, aber auch für die Medizinerinnen und Mediziner, die sich auf diese Weise gegenseitig unterstützen können“, sagt Dr. Thomas Hilmer, Chefarzt der Geriatrie im Klinikum Bremen-Ost.
Rund 400 Patientinnen und Patienten werden jährlich im alterstraumatologischen Zentrum behandelt. Die meisten von ihnen sind älter als 70 Jahre und waren bereits vor ihrem Unfall gesundheitlich eingeschränkt. Das Zentrum funktioniert hausübergreifend: Nach der Operation im Klinikum Bremen-Mitte beginnt bereits am Tag nach dem Eingriff die schonende Frühmobilisation. Nach wenigen Tagen kann die Verlegung in die Klinik für Geriatrie im Klinikum Bremen Ost erfolgen, wo die frührehabilitative Therapie zu Ende geführt werden kann. Mobilitätstraining und das Einüben alltagspraktischer Tätigkeiten stehen dabei im Vordergrund. Vorhandene Begleiterkrankungen werden mitbehandelt. Auch eine Beratung über Hilfsmittel für zuhause oder pflegerische Unterstützungsmöglichkeiten finden hier statt.
Ziel ist es, die Patientinnen und Patienten möglichst wieder auf ein selbständiges Leben vorzubereiten und sie wieder in ihr gewohntes soziales Umfeld zu integrieren. Um alle dafür notwendigen Therapieschritte im Blick zu behalten, werden die Patienten während ihres gesamten Krankenhausaufenthaltes von Altersmedizinern und Unfallchirurgen gemeinsam versorgt. Zweimal wöchentlich finden gemeinsame Visiten statt. Fachübergreifende Teamgespräche gehören ebenso zum Alltag wie entsprechende Fortbildungen. Eine Unfallchirurgin ist täglich im Klinikum Bremen-Ost anwesend. Physiotherapeuten, Psychologen, der Sozialdienst und viele weitere Berufsgruppen ergänzen das Behandlungsteam. Wichtiger Bestandteil des alterstraumatologischen Zentrums ist außerdem die Radiologie, die ein spezielles Gerät zur Knochendichtemessung vorhält und so eine individuelle Empfehlung zur Osteoporosebehandlung ermöglicht.
Die Strukturen und Abläufe innerhalb des alterstraumatologischen Zentrums sind in den vergangenen Wochen von der Geri-Zert GmbH, der Zertifizierungsstelle des Bundesverbands Geriatrie, genau unter die Lupe genommen worden. Als eins der ersten Zentren bundesweit ist die Einrichtung nach dem neuen Anforderungskatalog des Verbandes geprüft worden. Die Auditorin lobte insbesondere die intensive Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten. „Für uns ist die gemeinsame Versorgung der Patienten inzwischen zu einer Selbstverständlichkeit geworden“, sagt Dr. Hilmer. „Wir sind stolz, dass uns dies nun auch durch das Zertifikat bescheinigt wird“. Und sein Kollege Dr. Müller-Stahl ergänzt: „Das gemeinsame, standortübergreifende Behandlungskonzept in der Alterstraumatologie gibt uns die besten Möglichkeiten, um unsere Patienten wieder fit für den Alltag zu machen.“