Das Auge des Anästhesisten

Mit Hilfe von Ultraschall können Ärzte Patienten heute effektiver betäuben / Klinik erhält Zertifikat für qualifizierte Weiterbildung

Prof. Dr. Michael Winterhalter, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Schmerztherapie am Klinikum Bremen-Mitte.

Auf dem Monitor wird durch den Ultraschall die Körperregion sichtbar, die betäubt werden soll. Der Anästhesist kann so sehr viel genauer arbeiten.

Betäubung im Kniebereich: Während das Ultraschallgerät den Bereich scannt, kann der Anästhesist die Nadel punktgenau platzieren.

„Blind stechen“, diesen Ausdruck verwendet Prof. Dr. Michael Winterhalter, wenn er beschreibt, wie die Anästhesie bisher funktionierte. Wenn ein Anästhesist die Nadel setzte, um etwa eine bestimmte Körperregion eines Patienten zu betäuben, wusste er zwar sehr genau, was er da tut. Genau sehen, was unter der Haut im Körper passiert, konnte er aber nicht. Ein Anästhesist stach sozusagen blind. Orientierung gab es für den Anästhesisten nur anhand der äußeren Anatomie und sogenannter Landmarken. Bei Regionalanästhesien – also regionalen Betäubungen bestimmter Körperregionen wie Arme oder Beine – half auch Nervenstimulation dabei, die exakte Stelle zu finden. „Die Gefahr, dass dabei das eigentliche Ziel nicht getroffen wurde, lag bei etwa fünf bis zehn Prozent“, sagt Winterhalter, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Schmerztherapie am Klinikum Bremen-Mitte. 

Diese „blinden“ Zeiten sind für die Anästhesisten am Klinikum Bremen-Mitte längst vorbei. Bei regionalen Betäubungen und vor allem auch bei Gefäßpunktionen hilft den Ärzten mittlerweile ein Ultraschallgerät. Mit diesem können sie genau in den Körper des Patienten hineinschauen. Der Ultraschall wird sozusagen zum Auge des Anästhesisten. Die alte Methode war zwar auch keineswegs schlecht und hat nach wie vor ihren Stellenwert bei regionalen Betäubungen. „Aber so können wir nun auch in der Anästhesie millimetergenau arbeiten und auch Stellen betäuben, die uns früher nicht zugänglich waren“, sagt Winterhalter. Das Verfahren ist an allen vier Standorten der Gesundheit Nord etabliert.

 

Am Klinikum Bremen-Mitte würden auf diese Weise viele Tausend Eingriffe pro Jahr vorbereitet. Und besonders ältere Menschen profitierten davon. „Durch eine alleinige Regionalanästhesie kann bei bestimmten Eingriffen komplett auf die Vollnarkose verzichtet werden“, sagt Winterhalter. Patienten kämen mit viel weniger Schmerz- und Narkosemittel aus, erholten sich dadurch auch schneller. Der komplette Prozess der Anästhesie gewinne so enorm an Qualität. Das heißt: Mehr Sicherheit für Patienten, die zudem deutlich schneller und verträglicher narkotisiert werden und rascher für den operativen Eingriff bereit sind.

 

„Klinikum ist Vorreiter in der Region“

 

Der Einsatz des Ultraschallverfahrens (Sonografie) ist am Klinikum Bremen-Mitte bereits Standard für alle durchgeführten Punktionen. Nun hat die Klinik für Anästhesiologie und Schmerztherapie am Klinikum Bremen-Mitte sogar das Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) für die „Qualifizierte Ultraschall-Weiterbildung“ erhalten. Das heißt: Die Klinik arbeitet nicht nur täglich mit der Unterstützung des Ultraschalls, sondern sie bildet ihre Anästhesisten in diesem Bereich auch selbst intensiv und strukturiert weiter.  „Das Klinikum Bremen-Mitte ist bei der Anästhesie mit Ultraschall-Unterstützung eindeutig der Vorreiter in der Region“, sagt Dr. Timur Puschmann, Leitender Oberarzt in der Anästhesiologie. Die Zertifizierung sei an sehr hohe Qualitätsstandards gebunden. Nur sieben der etwa 1800 Anästhesieabteilungen in Deutschland hätten diese Auszeichnung bisher erhalten.

 

„In Deutschland  werden sich in den nächsten Jahren die ultraschallgesteuerten Punktionen und Regionalanästhesieverfahren in der Anästhesie rasch durchsetzen. Es ist das Modell für die Zukunft“, ist Prof. Dr. Michael Winterhalter überzeugt. In seiner Klinik ist das Verfahren schon längst in der Gegenwart angekommen.

 

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