Heinz Peter Klinker kann wieder lachen. Für ihn keine Selbstverständlichkeit: Der 58-Jährige litt an Mandelkrebs im fortgeschrittenen Stadium. Die Erkrankung wurde spät entdeckt. Drei Monate lang wurde er fälschlicherweise wegen einer Lymphdrüsenentzündung behandelt. Erst in der Klinik für Hals-Nasen-und Ohrenheilkunde am Klinikum Bremen-Mitte entdeckten die Ärzte seine Krankheit auf Anhieb – und konnten ihm mit einer ungewöhnlichen Operationsmethode helfen. Die Klinik ist von der Deutschen Krebsgesellschaft als einziges „Hals-Kopf-Tumor-Zentrum“ in Bremen und Niedersachsen zertifiziert und auf Fälle wie diese spezialisiert.
„Wir haben den Anspruch, jedem Patienten innerhalb von acht bis zehn Tagen eine umfassende Diagnose mit Therapieempfehlung zu bieten“, sagt Klinikdirektor Prof. Dr. Andreas Naumann. So war es auch bei Heinz Peter Klinker. Nach den Voruntersuchungen wurde sein Fall in der regelmäßigen Tumorkonferenz des Klinikums diskutiert. An dieser Konferenz nehmen Krebsspezialisten aller Disziplinen teil. Das Ergebnis: Klinker bekam eine ausführliche Diagnose sowie die die Empfehlung, sich operieren zu lassen - mit anschließender Bestrahlung und Chemotherapie. Wenige Tage später folgte der über 12 Stunden dauernde Eingriff, bei dem der Tumor, aber auch Lymphdrüse und angegriffenes Muskelgewebe entfernt werden mussten.
Nicht nur für Laien klingt die OP-Methode spektakulär: Um die Operationsstellen zu verschließen, entnahm ein zweites Operations-Team parallel einen Hautlappen und Gefäße am Unterarm. Beides wurde in den Halsbereich implantiert, um zu gewährleisten, dass der Patient später keine Probleme beim Essen und Trinken bekommt und wieder normal sprechen kann. Die Fläche am Unterarm verschlossen die Ärzte wiederum mit Haut aus dem Oberschenkel. Dieses aufwändige Verfahren bieten nur wenige Kliniken an. Aber die Lebensqualität für die Patienten sei nach der Heilung um ein Vielfaches höher und rechtfertige alle Mühe, so Hals-Nasen-Ohren-Spezialist Naumann.
Dabei steigt die Zahl der Menschen mit Kopf-Hals-Tumoren seit Jahren. Zwischen 12.000 und 15.000 Neuerkrankungen gibt es allein in Deutschland jedes Jahr. Bei Männern sind diese Tumore schon die fünfthäufigste Todesursache. Laut Prof. Naumann haben viele der Betroffenen vorher geraucht oder in erheblichem Maße Alkohol getrunken.
Nach der schweren Operation versetzten die Ärzte Heinz Peter Kliniker in einen künstlichen Tiefschlaf, um den Heilungsprozess nicht durch Kopfbewegungen und Schlucken zu beeinträchtigen. Sprechen und Schlucken musste er erst wieder lernen. Aber Klinker schaffte es. „Der erste Kaffee war herrlich“, erinnert er sich. Nun beginnt er wieder Pläne zu machen: Klinker möchte, wie vor seiner Krankheit, wieder als selbstständiger Tagesvater arbeiten.
Prof. Andreas Naumann ist sehr zufrieden mit seinem Patienten – und mit seinem Team. „Solche Leistungen sind nur mit einem guten interdisziplinären Team aus Ärzten, Pflegern, Logopäden und Psychoonkologen zu schaffen“, sagt er. Und ohne dieses Team sei auch eine Zertifizierung gar nicht möglich gewesen, denn die Anforderungen der Deutschen Krebsgesellschaft seien enorm hoch. Heinz-Peter Klinker ist sich sicher, dass er von dem hoch spezialisierten Angebot profitiert hat. „Ich habe mich die ganze Zeit über sehr gut aufgehoben und beraten gefühlt“, sagt er.