Bluthochdruck gilt in der Forschung schon länger als Risikofaktor für epileptische Anfälle. Die Bremer Ärztin Dr. Corinna Doege hat als Erstautorin in einer Studie zusammen mit dem Frankfurter Epidemiologen Karel Kostev nun erstmals Daten geliefert, die nahelegen, dass bestimmte blutdrucksenkende Mittel das Risiko eines epileptischen Anfalls verringern. Konkret geht es dabei um die sogenannten Angiotensin-Rezeptor-Blocker. Aus der Analyse von mehreren Millionen Patientendaten ging hervor, dass Patienten mit Bluthochdruck bei Verordnung dieser Medikamentengruppe im Vergleich zu anderen Blutdrucksenkern wie Betablocker und ACE-Hemmer deutlich seltener eine Epilepsie entwickelt haben.
Dass die Angiotensin-Rezeptor-Blocker ein geeignetes Mittel sein könnten, um Epilepsien vorzubeugen, ließen zuvor bereits Daten aus Tierstudien vermuten. Durch die aktuelle Studie, deren Ergebnisse im Herbst 2022 in der international renommierten Fachzeitschrift JAMA Neurology veröffentlicht wurden, folgten nun erstmal passende Daten von Menschen. „Das ist schon ein echter Durchbruch in der Epilepsieforschung, auf den wir auch ein bisschen stolz sind“, sagt Dr. Corinna Doege, die als Oberärztin im Eltern-Kind-Zentrum Prof. Hess am Klinikum Bremen-Mitte arbeitet und sich auf das Feld der Neuropädiatrie spezialisiert hat.
„Es sind Ergebnisse, die berechtige Hoffnungen für Bluthochdruck-Patienten machen, einer zusätzlichen Epilepsieerkrankung vorbeugen zu können. Unsere Daten zeigen eine Assoziation. Zur Ergründung der Mechanismen und Effekte sind weitere klinische und experimentelle Studien nötig“, sagt Corinna Doege. „Eine interessante Frage wäre beispielsweise, ob sich Angiotensin-Rezeptor-Blocker bei Menschen mit Bluthochdruck und einer bereits bestehenden Epilepsie positiv auf die Anfallssituation auswirken können.“
Bei Epilepsie handelt es sich um eine der häufigsten chronischen Erkrankungen des zentralen Nervensystems, die in jedem Lebensalter auftreten kann, besonders häufig aber in den ersten zwei Lebensjahrzehnten. Etwa 500.000 Menschen befinden sich in Deutschland mit einer Epilepsie in ärztlicher Behandlung. Epileptische Anfälle sind Symptome dieser chronischen Erkrankung. „Sie sind unwillkürliche Funktionsstörungen, die durch vorübergehende abnorme Entladungen größerer Nervenzellverbände an der Hirnoberfläche hervorgerufen werden“, erklärt Corinna Doege.
Während eines epileptischen Anfalls ist die Kommunikation der Nervenzellen untereinander gestört. Dies hat zur Folge, dass auch die Funktionen, für die diese Nervenzellen zuständig sind, während des Anfalls zum Teil außer Kraft gesetzt sind. Epileptische Anfälle haben aber sehr unterschiedliche Erscheinungsformen. Die Diagnose ist oft schwierig. Dazu werden die auftretenden Symptome genau analysiert. Außerdem wird per EEG (Elektroenzephalografie) die elektrische Aktivität an der Hirnoberfläche gemessen. Auch MRT-Bilder (Magnetresonanztomogramme) erleichtern die Diagnose, weil Veränderungen am Gehirn sichtbar gemacht werden können. Bei der neuropsychologischen Untersuchung wird zudem mithilfe von speziellen Testverfahren untersucht, ob Beeinträchtigungen in der visuellen oder räumlichen Wahrnehmung vorliegen oder ob Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen, Beeinträchtigungen in der Sprache, im Erleben von Emotionen und im Verhalten festgestellt werden können.