Nach einem Blick aufs Röntgenbild nickt Dr. Ute Brückner zufrieden. „Das sieht doch super aus“, sagt sie und zeigt auf den sich neu bildenden Kochen. Nun sind auch Hosea und seine Mutter Christine erleichtert. Hosea hat in der Kinderorthopädie am Klinikum Bremen-Mitte einen speziellen Nagel in den Oberschenkel implantiert bekommen, der mit Hilfe eines von außen aufgesetzten Magneten in die Länge gezogen wird und auf diese Weise den Knochen verlängert – eine innovative Methode, die jetzt zum allerersten Mal in Bremen zum Einsatz kam.
Zwar muss der Sechzehnjährige noch eine Zeit lang mit Gehhilfen unterwegs sein und die nächste Reitstunde noch ein paar Wochen warten, aber er ist zufrieden mit der gewählten Methode. Damit soll bei Hosea eine rund zwei Zentimeter große Beinlängendifferenz ausgeglichen werden, die Schultern und Wirbelsäule schief werden ließ und ihm zunehmend Probleme bereitete. „Mit Einlagen war es am Ende nicht mehr getan“, erzählt er – aber einen „Fixateur“, der das Bein von außen mit Stangen ruhig hält, die mit Nägeln im Bein verschraubt sind, wollte er auch nicht. „Damit wäre es nicht möglich gewesen, dass Hosea sich selbstständig zur Schule und zurück bewegt“, sagt Mutter Christine. Der behandelnde Orthopäde berichtete Familie Bürgener von der Methode mit dem magnetischen Marknagel, der seit etwa fünf Jahren an großen Universitätskliniken, beispielsweise in Münster oder Hamburg, eingesetzt wird. „Ich habe dann Frau Dr. Brückner gefragt, ob sie das nicht auch in der Kinderorthopädie am Klinikum Bremen-Mitte machen können und sie hat zugestimmt“, freut sich Christine Bürgener. Denn weite Behandlungswege wären für die sechsköpfige Familie sehr problematisch geworden.
Der Marknagel bietet neben dem höheren Komfort aber auch einen entscheidenden medizinischen Vorteil: Da es keine direkten Kontakte über die Haut nach außen gibt wie bei allen anderen Verfahren, gibt es auch keine heiklen Infektionsherde.
Im Juli wurde Hosea in einer Operation der Oberschenkel gebrochen und anschließend beide Teile mit dem Marknagel fest verankert. Und dann war Hosea selbst gefragt: In einer Schulung lernte er, wie er den Magneten von außen auf eine zuvor markierte Stelle aufsetzen und bedienen muss. Das tat er 20 Tage lang jeden Tag drei Mal. Der Nagel verlängerte sich also etwa um einen Millimeter pro Tag. Schmerzen hatte Hosea dabei nicht. „Am Ende hat es höchstens mal etwas gekribbelt“, sagt er. Der Knochen baut sich über die Distanz recht schnell wieder auf und ist irgendwann so stabil, dass der Nagel entfernt werden kann. Das wird nach rund neun Monaten der Fall sein. Aber da wird Hosea schon längst wieder im Sattel sitzen.