Finn flitzt durch das große Spielzimmer aus Station 3. Hat er eben noch auf dem grünen Minitraktor eine Runde gedreht, ist er im nächsten Moment schon auf dem Weg zum kleinen Kaufmannsladen, um von dort aus kurz danach die Polster in der Tobeecke zu stapeln. Wäre da nicht der kleine Verband an seinem Arm, unter dem der Zugang für einen langen dünnen Schlauch mit einer Medikamentenlösung gelegt ist, würde man nicht vermuten, dass Finn etwas fehlt. Tatsächlich aber leidet der anderthalbjährige Junge aus Bremerhaven unter einer sehr seltenen und noch dazu sehr ernsten Erkrankung – der sogenannten Septischen Granulomatose. Und nur eine Stammzellentransplantation kann ihm helfen.
Bei der Septischen Granulomatose handelt es sich um eine Erbkrankheit des Immunsystems, die nur etwa ein Mal unter 200.000 Menschen auftritt. „Die Fresszellen des Immunsystems – in der Fachsprache Phagozyten genannt – sind bei diesem Immundefekt nicht in der Lage, bakterielle Erreger und Pilze unschädlich zu machen. Ihnen fehlt, genetisch bedingt, ein Stoffwechselweg, um „gefressene“ Erreger auch adäquat abzutöten. Patienten mit dieser Krankheit sind deshalb besonders anfällig für bestimmte, schwere und lebensbedrohliche Infektionen“, sagt Dr. Petra Kaiser-Labusch.
Die Oberärztin des Eltern-Kind-Zentrums Prof. Hess (Elki) am Klinikums Bremen-Mitte hat die Krankheit mit ihrem Team schnell diagnostiziert. Dabei war Finn eigentlich mit Verdacht auf einen Leistenbruch ins Krankenhaus gekommen. „Die auffälligen Stellen an der Leiste stellten sich aber schnell als entzündete Lymphknoten mit einer ungewöhnlichen Umgebungsreaktion heraus“, erzählt Kaiser-Labusch. Ein paar wenige Tests später stand die Diagnose der seltenen Erkrankung.
Die schlechte Nachricht: Unbehandelt führt die Krankheit über kurz oder lang zum Tod, nur etwa die Hälfte der Patienten einer septischen Granulomatose erreichen das 30. Lebensjahr. Die gute Nachricht: Finn kann geheilt werden. Dafür benötigt er aber eine Stammzellentransplantation. Und damit möglichst schnell ein geeigneter Spender gefunden werden kann, hoffen seine Eltern gemeinsam mit der Deutschen Knochenmarkspender-Datei (DMKS), dass sich möglichst viele Menschen registrieren und typisieren lassen, um als möglicher Spender oder mögliche Spenderin in Frage kommen zu können. Wer der Familie und Finn helfen möchte, findet alle Infos unter einem eigens eingerichteten Link der DKMS unter https://www.dkms.de/finn.
„Für uns war sofort klar, dass wir alles tun werden, was Finn irgendwie helfen kann“, sagt die Mutter Michelle Weinhold. Die Hoffnung, dass möglichst viele Menschen helfen wollen, ist groß. Mindestens so groß wie die Angst, die die Eltern aber so gut es geht ausblendet. „Wir sind glaube ich im Schutzmodus“, sagt Michelle Weinhold. „Wir glauben einfach fest daran, dass es klappen wird“, sagt ihr Partner Jan-Philipp.
Die seltene Erkrankung hat Finn bereits von Geburt an, ohne dass die Eltern es bisher wussten. Ungewöhnlich oft mussten sie zwar mit ihrem Kind wegen andauernden, hohen Fiebers und häufigem Durchfall bereits zum Kinderarzt. Die seltene Erkrankung blieb da aber noch unerkannt im Verborgenen. „Deshalb sind wir umso glücklicher, dass wir jetzt wissen, was es ist; dass es einen Plan gibt. Auch wenn die Diagnose natürlich ein Schock für uns war“, sagt Michelle Weinhold. Mittlerweile durften die Eltern mit Finn aus der Klinik wieder zurück nach Hause und hofft nun, dass bald eine Transplantation möglich wird.
Das passiert bei einer Stammzellenspende
Mehr als ein wenig Spucke ist erst einmal nicht nötig, um überhaupt als Lebensretter infrage kommen zu können. Die Stammzellen werden mit einem Wattestäbchen an der Innenseite der Wangen aufgenommen und später analysiert. Kommt man als Spender infrage, wird man direkt kontaktiert. In 90 Prozent der Fälle läuft die Stammzellenspende später dann ähnlich ab wie bei der Blutplasmaspende. Eine Maschine filtert die für die Spende wichtigen Bestandteile aus dem Blut heraus und führt das Blut wieder dem Körper zu (Apherese). In 10 Prozent der Fälle müssen die Stammzellen über das Knochenmark gewonnen werden. Hierfür wäre dann ein Eingriff nötig. Mehr Infos gibt es unter www.dkms.de oder direkt auf Finns persönlicher Seite unter https://www.dkms.de/finn