Gewaltschutzambulanz am Klinikum Bremen-Mitte eröffnet

Neue Anlaufstelle zur rechtsmedizinischen Spurensicherung nach häuslicher und sexualisierter Gewalt ist eröffnet worden

Die Gewaltschutzambulanz am Klinikum Bremen-Mitte hat am 4. April ihren Betrieb aufgenommen. Mit ihr wird das bereits bestehende Angebot der Versorgung von Gewaltbetroffenen in Bremen ausgebaut und es wird erstmals eigene Räumlichkeiten zur Untersuchung und Beratung geben. Neben den bereits bestehenden Angeboten für minderjährige Gewaltbetroffene und Frauen, die sexualisierte Gewalt erfahren, gibt es mit der Einrichtung ab sofort auch eine Anlaufstelle für Betroffene häuslicher Gewalt – der zahlenmäßig größten Gruppe der Gewaltbetroffenen.

Claudia Bernhard, Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz: „Die Gewaltschutzambulanz am Klinikum Bremen-Mitte ist die größte Maßnahme im Bremer Landesaktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention und ich bin sehr froh, dass wir diese dringend benötigte Einrichtung heute eröffnen können. Sie soll durch ihre Arbeit die Strafverfolgung erleichtern und Betroffenen einen Weg in die Hilfestrukturen weisen. Dieses landesweite Angebot soll zukünftig allen Menschen im Land Bremen offenstehen und sukzessive erweitert werden.  Mit der Eckwerterhöhung konnten wir für den aktuellen Doppelhaushalt ausreichend finanzielle Mittel bereitstellen, um den Betrieb der Gewaltschutzambulanz vorerst zu sichern. Eine nachhaltige Finanzierung –über den Doppelhaushalt hinaus – ist jedoch nach wie vor notwendig und dafür werde ich mich auch weiterhin stark machen.“

„Die Gesundheit Nord übernimmt mit der Einrichtung der Gewaltschutzambulanz am Klinikum Bremen-Mitte eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe“, sagt die Vorsitzende der Geschäftsführung, Dr. Dorothea Dreizehnter. Als kommunales Unternehmen wolle man für alle Menschen in Bremen da sein, die medizinische Hilfe und Unterstützung brauchen und das gelte auch und gerade für Menschen in existenzieller Not und Bedrängnis.  Geleitet wird die Gewaltschutzambulanz von Dr. Saskia Etzold, einer sehr erfahrenen Fachärztin für Rechtsmedizin. Sie hatte zuvor die Gewaltschutzambulanz an der Berliner Charité mit aufgebaut und über Jahre mit geleitet und ist nun in der Gesundheit Nord am Klinikum Bremen-Mitte angestellt.

„Die Hauptaufgabe der Gewaltschutzambulanz besteht darin, den Sachverhalt und die verursachten Gewalt-Verletzungen schriftlich und fotografisch zu dokumentieren und die Dokumentation für einen etwaigen Prozess oder Schadensersatzansprüche zu sichern“, erklärt Dr. Saskia Etzold. Das sei auch vertraulich, also ohne eine Anzeige, möglich. Die Dokumentationen würden dann an einem sicheren Ort gelagert und bis zu zehn Jahren aufbewahrt, sodass sich Betroffene erst zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Anzeige entschließen können. „Wir wollen den Betroffenen einen geschützten Rahmen und die Möglichkeit geben, die erlittene Gewalt beweisen zu können“, so Etzold. Außerdem gebe es die Möglichkeit, sich in ruhiger angenehmer Atmosphäre weiter beraten zu lassen. Die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz hat für Bremen mit den Krankenkassen einen Vertrag über die vertrauliche Spurensicherung bei häuslicher und sexualisierter Gewalt geschlossen, um die Kostenübernahme zu sichern. Damit ist Bremen das dritte Bundesland, in dem die Kosten von den Krankenkassen übernommen werden.

Neben der Dokumentation der Verletzungen und dem Aufzeigen von weiteren Anlaufstellen im Hilfesystem, führt die Gewaltschutzambulanz auch Schulungen durch und arbeitet eng mit den anderen Kliniken im Land Bremen zusammen. Mit Bremerhaven wird es eine Kooperationsvereinbarung im Rahmen der vertraulichen Spurensicherung geben. Außerdem wird die GSA in schwerwiegenden Fällen mit dem mobilen Team in andere Kliniken im Land Bremen fahren und darüber hinaus eine konsiliarische Beratung anbieten.

Die medizinische Versorgung der Verletzungen findet weiterhin in der Notaufnahme des Klinikums Bremen-Mitte statt. Dazu wird Saskia Etzold eng mit dem ärztlichen und pflegerischen Team der Notaufnahme zusammenarbeiten. Ebenso auch mit dem Team der Kinderschutzmedizin des Eltern-Kind-Zentrums Prof. Hess unter Leitung von Dr. Kerstin Porrath und Ole Gehrmann, die alle Betroffenen von Kindeswohlgefährdung und Kindesmisshandlung betreuen. Eine weitere enge Verbindung besteht zu der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, deren geschultes Team, unter der Verantwortung von Katrin Griesbach, Frauen nach sexualisierter Gewalt untersucht und Spuren sichert, auch wenn diese sich außerhalb der Öffnungszeiten der Gewaltschutzambulanz vorstellen. Das von der Gesundheitsbehörde finanzierte Projekt ist die größte Maßnahme des Bremer Landesaktionsplans „Istanbul-Konvention umsetzen – Frauen und Kinder vor Gewalt schützen“.  Für die Aufbauphase seit 2022 werden insgesamt über 1.2 Mio. Euro für die ersten vier Jahre zur Verfügung gestellt. Bei der Istanbul-Konvention handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Deutschland hat diesen Vertrag 2017 ratifiziert. Seitdem sind landesweit neue Angebote geschaffen oder bestehende erweitert worden.

Zu erreichen ist die Gewaltschutzambulanz telefonisch montags bis freitags zwischen 8:30 und 12:30 Uhr. Email: gewaltschutzambulanz@gesundheitnord.de. Alle Infos unter www.gesundheitnord.de/gewaltschutzambulanz.

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