Hejja ist erst fünf Monate alt und hat gerade ihren ersten Gips bekommen. Für einige Wochen müssen ihre Beine konstant angewinkelt bleiben, damit aus dem fast gesunden Kind ein ganz gesundes Kind wird. Denn Hejja leidet seit ihrer Geburt an einer Hüftdysplasie – einer der häufigsten Fehlbildungen des Skeletts. Der Hüftkopf sitzt dabei nicht richtig in der Gelenkpfanne. Diese Reifestörung lässt sich normalerweise ohne Probleme korrigieren – auch ohne Gips.
„Wichtig ist, dass eine Hüftdysplasie früh erkannt wird. Deshalb sollten Eltern die U3-Untersuchung beim Kinderarzt unbedingt bis zur fünften Lebenswoche einplanen“, sagt Dr. Ute Brückner, Kinderorthopädin in der Klinik für Kinderchirurgie und -urologie am Klinikum Bremen-Mitte. Bis zu diesem Zeitpunkt könne man eine Hüftdysplasie besonders gut korrigieren. In leichten Fällen genüge es oft schon, eine natürliche Hockhaltung etwa beim Tragen auf dem Arm zu fördern oder „breit“ zu wickeln. In vielen Fällen kommen Eltern aber auch nicht drumherum, dass ihr Kind über mehrere Wochen die sogenannte Tübinger Hüftbeugeschiene tragen muss. Diese Spezialschiene sorgt verstärkt dafür, dass der Hüftkopf dauerhaft in der Gelenkpfanne bleibt.
Im Fall von Hejja konnte die Fehlbildung erst in der 8. Lebenswoche diagnostiziert werden. Die Nachreifung im Bereich der Hüfte lässt sich dann bereits nur noch langsamer in eine gesunde Richtung lenken. „Zu diesem Zeitpunkt ist die Therapie meist komplexer“, sagt Dr. Ute Brückner. Diese Fälle sind dann etwas für das Krankenhaus – und speziell für die Kinderorthopädie. Hilft eine Hüftbeugeschiene nicht weiter, muss, wie bei der kleinen Hejja, über mehrere Wochen ein Gips angelegt werden. Hilft auch das nicht, bleibt meist nur eine Operation, durch die die Fehlbildung korrigiert wird.
„Greifen wir nicht ein, kann das lebenslange Folgen haben“, sagt Brückner. Kinder entwickeln schwerwiegende Fehlhaltungen, das Gehen bereitet große Probleme, die Patienten leiden später häufig unter Hüftarthrose und benötigen oft früh ein neues Hüftgelenk. Aber wie kann man eine Fehlbildung erkennen? Eine mögliche Hüftdysplasie diagnostiziert der Kinderarzt bei der U3 per Ultraschall. Oft gibt es aber schon vorher Erkennungsmerkmale – zum Beispiel, wenn die Hautfalten im Beinbereich des Babys unterschiedlich ausgeprägt sind, die Beinhaltung asymmetrisch ist oder sich der ganze Körper auffällig in eine Richtung dreht. Das Wachstum des Hüftgelenks ist dann möglicherweise schon im letzten Schwangerschaftsdrittel erheblich gestört worden, vielleicht hatte das Baby zu wenig Platz im Mutterleib. „Auch Beckenendlagen und Hüftdysplasien in der Familie sind ein Risikofaktor für solche Reifestörungen“, sagt Brückner. Seit 1996 ein Hüftscreening für Neugeborene in Deutschland festgelegt wurde, sei die Operationsrate zwar deutlich zurückgegangen. „Dennoch haben wir hier pro Jahr etwa 60 komplexe Fälle, die wir im Krankenhaus behandeln“, sagt Brückner.
Dr. Ute Brückner referiert zum Thema Hüftdysplasie beim 7. Bremer Pädiatrie-Tag am Samstag, 16. März 2019. Im Best Western Hotel Bremen East treffen sich an diesem Tag von 9 bis 15 Uhr Kinderärzte vor allem aus dem Norddeutschen Raum in Bremen.