Die drohende wirtschaftliche Schieflage des Klinikums Bremen-Mitte und des Klinikums Bremen-Nord sowie die erforderlichen Maßnahmen zur Gegensteuerung - mit diesen Themen hat sich der Aufsichtsrat der Gesundheit Nord in seiner heutigen Sitzung beschäftigt.
„Heute hat sich bestätigt, dass es richtig war, Anfang des Jahres 2012 mit einer Zwischenbilanz des Sanierungskurses zu beginnen, um Zeit zu haben, gegensteuernde Maßnahmen zu entwickeln“, sagt die Aufsichtsratsvorsitzende Renate Jürgens-Pieper.
Grundlage für die Bewertung der wirtschaftlichen Lage der Standorte Bremen-Mitte und Bremen-Nord sind zwei Ad-Hoc-Risikoberichte, mit denen die Geschäftsführung den Aufsichtsrat über drohende Abweichungen vom Wirtschaftsplan informiert. Vor allem im Klinikum Bremen-Mitte, das spürbar mit den Auswirkungen des Keimausbruchs auf der Frühgeborenen-Intensivstation und dem damit verbundenen Ansehensverlust zu kämpfen hat, zeichnet sich ein deutlich negatives Jahrsergebnis ab.
Die Ursache liegt einerseits in den fehlenden Erträgen - also den fehlenden Einnahmen durch einen deutlichen Patientenrückgang -, andererseits in den gestiegenen Betriebsaufwendungen, also den Kosten. Gründe für die fehlenden Erträge sind vor allem die Schließung der Abteilungen Geburtshilfe und Neonatologie, deren Auswirkungen auf die benachbarten Abteilungen Gynäkologie, Kinderchirurgie, Kinderurologie und Pädiatrie sowie der Ansehensverlust, der auf andere Kliniken ausstrahlt. Ohne Gegenmaßnahmen würde im Klinikum Bremen-Mitte am Jahresende ein Minus von rund 24 Millionen Euro drohen.
Schwierig ist die Lage allerdings auch am Klinikum Bremen-Nord. Dort droht ein negatives Jahresergebnis von acht Millionen Minus. Die Standorte Bremen-Ost und Links der Weser können ihr geplantes positives Jahresergebnis nach heutigem Stand erreichen. Ein positives Jahresergebnis der Gesundheit Nord insgesamt ist jedoch durch die wirtschaftlichen Probleme in Bremen-Mitte und Bremen-Nord stark gefährdet.
„Die wirtschaftliche Situation ist angespannt. Wir gehen aber davon aus, dass wir die Probleme mit geeigneten Gegensteuerungsmaßnahmen bewältigen können“, sagte dazu der kaufmännische Geschäftsführer der Gesundheit Nord, Tomislav Gmajnic.
Jutta Dernedde, medizinische Geschäftsführerin der Gesundheit Nord, ergänzte: „Wir werden nicht nur in diesem, sondern voraussichtlich auch noch in den folgenden Jahren mit den wirtschaftlichen Folgen des Keimausbruchs am Klinikum Bremen-Mitte zu kämpfen haben. Es bedarf enormer Anstrengung, um diese Krise zu bewältigen.“
Um die bestehenden Risiken zu minimieren, hat die Geschäftsführung des Klinikums Bremen-Mitte jetzt eine ganze Reihe von Gegensteuerungsmaßnahmen auf den Weg gebracht. So sollen beispielsweise - zunächst befristet - Fachkräfte in den Bereichen OP und Anästhesie eingestellt und das OP-Management optimiert werden, um künftig Engpässe in diesen Bereichen zu vermeiden und die Leistungen in den operativen Fächern wieder zu steigern. Dies ist möglich, da es in einigen Disziplinen zwar eine hohe Nachfrage von Patienten gibt, diese aber wegen der fehlenden OP-Kapazitäten nicht behandelt werden können. Auch in der Dermatologie und der Augenklinik sowie in der Schlaganfalleinheit ist eine Steigerung der Patientenzahlen möglich, hier sollen zusätzliche Bettenkapazitäten geschaffen werden. Eine Reihe weiterer Maßnahmen wird derzeit von der Geschäftsführung im Hinblick auf die Realisierbarkeit geprüft. Insgesamt könnte damit eine spürbare Reduzierung des drohenden Minus erreicht werden.
Im Klinikum Bremen-Nord sind als Gegensteuerungsmaßnahmen vor allem eine verbesserte Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten, Kooperationen mit ansässigen Praxen sowie der Aufbau einer Schlaganfalleinheit geplant. Auch die Wiedereröffnung der Frühgeborenenstation am Standort Bremen-Nord soll zur Ergebnisverbesserung beitragen. Insgesamt könnte auch hier das Jahresergebnis um einiges verbessert werden.
Der Aufsichtsrat beschäftigte sich in seiner Sitzung auch ausführlich mit dem Neubau am Klinikum Bremen-Mitte. Die Geschäftsführung der Gesundheit Nord hatte dazu einen Risikobericht durch den externen Projektsteuerer erstellen lassen, der kürzlich vorgelegt wurde. Darin wird aufgezeigt, dass die bisherige Terminplanung nicht realistisch war und nach jetzigem Kenntnisstand mit einer Bauzeitverzögerung von 12 Monaten gerechnet werden muss. Die Kosten waren mit 230 Millionen Euro kalkuliert, laut Risikobericht besteht aber ein zusätzliches Risiko von 35 Millionen Euro. Eingerechnet wurden dabei unter anderem zu erwartende Preissteigerungen bei Baustoffen, Tariferhöhungen in der Baubranche, Entsorgungskosten für belastetes Erdreich, zusätzliche Aufwendungen für sichere Fundamente und eine Preissteigerungsrate für medizinische Spezialgeräte, die nach einem jährlichen Erfahrungswert prognostiziert werden kann.