An den Unfall selbst hat er keine Erinnerungen mehr. Fast eineinhalb Jahre ist es jetzt her, dass ein schwerer Verkehrsunfall das Leben von Axel Wilhelm von einer Sekunde auf die andere völlig veränderte. Er war mit dem Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit als ihn ein Auto frontal erfasste und durch die Luft schleuderte. Der 49-Jährige trug lebensgefährliche Verletzungen davon. Mit dem Rettungswagen wurde er ins Klinikum Bremen-Mitte gebracht. Dort stellten die Ärzte Brüche der Sprunggelenke, des Wadenbeins und Oberschenkels, Rippen- und Wirbelbrüche, einen Beckenbruch sowie schwere innere Verletzungen und ein Schädel-Hirn-Trauma fest. Es folgten eine Woche künstliches Koma, rund drei Monate Krankenhausaufenthalt und mittlerweile 30 Operationen.
Zwar können Patienten wie Axel Wilhelm auch künftig im nächstgelegenen Krankenhaus erstversorgt werden, die weitergehende Behandlung erfolgt seit 2014 aber ausschließlich im Klinikum Bremen-Mitte. Der Grund: Die gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), die nach schweren Arbeitsunfällen für die Behandlungskosten aufkommt, hat zum Jahresanfang ihre Anforderungen an die Krankenhäuser deutlich erhöht. „Nur Kliniken, die bestimmte personelle und apparative Voraussetzungen erfüllen, dürfen Schwerstverletzte nach Arbeitsunfällen versorgen“, erklärt der Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am Klinikum Bremen-Mitte, Prof. Dr. Michael Paul Hahn. Diese Voraussetzungen betreffen insbesondere die Verfügbarkeit von Fachärzten sowie Ausstattungsmerkmale von Notaufnahme, OP-Bereich und Intensivstation. Die DGUV orientiert sich dabei an den Vorgaben, die die Gesellschaft für Unfallchirurgie überregionalen Traumazentren auferlegt hat. In Bremen erfüllt einzig das Klinikum Bremen-Mitte diese Kriterien. Seit 2010 ist das Haus als überregionales Traumazentrum zertifiziert. Die erneute Rezertifizierung hat das Klinikum kürzlich erfolgreich hinter sich gebracht. Zu den personellen Voraussetzungen zählt beispielsweise die ständige Verfügbarkeit von Anästhesisten, Unfallchirurgen, Viszeral- und Allgemeinchirurgen, Neurochirurgen, Radiologen sowie Spezialisten für Handchirurgie. Je nach Art und Schwere der Verletzung müssen außerdem kurzfristig Gefäßchirurgen, Internisten, Herz- und Thorax-Chirurgen, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen, sowie Fachärzte für Plastische Chirurgie, Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Augenheilkunde, Urologie, Gynäkologie und Kinderchirurgie verfügbar sein.
Die Zulassung ist außerdem an bestimmte apparativen Voraussetzungen geknüpft. Dazu zählen unter anderem ein Labor, Beatmungs- und Röntgengeräte, ein Computertomograph, ein Angiographiearbeitsplatz sowie Möglichkeiten zur interventionellen Radiologie und vieles mehr. Die Notaufnahme muss zusätzlich in der Lage sein, jederzeit zwei Schwerverletzte gleichzeitig zu versorgen, und auch OP und Intensivstation müssen rund um die Uhr einsatzbereit sein. Hinzu kommen spezielle Anforderungen an die psychologische Betreuung der Patienten und strenge Hygienevorschriften. „Das alles erfordert einen enormen personellen und logistischen Aufwand. Aber nur so können wir gewährleisten, dass Schwerstverletzte auch optimal behandelt werden können“, sagt Prof. Hahn. In einem so genannten Verletzungsartenverzeichnis hat die gesetzliche Unfallversicherung festgelegt, welche Verletzungen ein Unfallopfer zu einem Schwerstverletzten machen. Die nächstgelegenen Krankenhäuser, die die strengen Voraussetzungen erfüllen, befinden sich in Hamburg, Hannover und Rotenburg/Wümme.
Axel Wilhelm hat dieser Aufwand das Leben gerettet. „Mein Leben verdanke ich den Ärzten und meiner körperlichen Fitness“, sagt der ehemalige Spitzensportler. „Am Klinikum Bremen-Mitte sind alle Fachabteilungen vorhanden, die ich nach meinem Unfall brauchte.“ Mit den Folgen des Unfalls hat er allerdings bis heute zu kämpfen. Vor allem die Brüche in seinem rechten Bein stellten sich als derart gravierend heraus, dass er auch eineinhalb Jahre nach dem Unfall noch auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Entmutigen lässt er sich davon nicht: „Wenn mich heute jemand fragt, wie es mir geht, kann ich sagen: gut“, so Wilhelm. Genau ein Jahr nach seinem Unfall hat er sich mit einer kleinen Feier im Klinikum bei den Ärzten, Pflegekräften und Therapeuten bedankt. „Ohne sie wäre ich nicht da, wo ich heute bin.“