Sonnenstrahlen können nicht nur die Haut schädigen, sondern auch die Augen. Deshalb sollte Sonnenschutz im Sommer nicht nur für die Haut selbstverständlich sein – sobald wir uns an sonnigen Tagen an der frischen Luft aufhalten, darf die Sonnenbrille nicht fehlen. Dr. Oliver Kemper, leitender Oberarzt in der Augenklinik am Klinikum Bremen-Mitte, erklärt, was UV-Strahlung mit den Augen macht und worauf man beim Kauf einer Sonnenbrille achten sollte.
Eine akute Reaktion des Auges können eine Bindehaut- oder eine Hornhautentzündung sein, die sich einige Stunden nach der Sonneneinstrahlung bemerkbar machen und mit Schmerzen oder einem Fremdkörpergefühl im Auge einhergehen. Die Oberflächen der Bindehaut oder der Hornhaut weisen dann tatsächlich Mikroläsionen, also winzige Verletzungen auf. Neben diesen akuten Reaktionen können aber auch langfristige Schäden entstehen, die nicht mehr zu reparieren sind. „Wer seine Augen nicht schützt und in sehr helles Licht blickt, riskiert, dass Schäden an der Netzhaut entstehen“, sagt Dr. Oliver Kemper. Häufiger komme es allerdings vor, dass Lidtumore entstehen. „Wir behandeln hier in der Augenklinik häufig Patientinnen und Patienten mit Basalzellkarzinomen, also dem so genannten weißen Hautkrebs am Augenlid. Diese Tumoren müssen operiert werden und das Augenlid muss danach wiederhergestellt werden.“
Bösartige Geschwüre und „Flügelfell“
Die Häufigkeit dieser Lidtumoren nimmt laut Kemper zu. Aber auch innerhalb des Auges können maligne Melanome, also bösartige Geschwüre entstehen. „Auch hierbei ist das UV-Licht ein Risikofaktor“, warnt der Augenarzt. Eine weitere Erkrankung, die durch UV-Strahlung entstehen kann, ist das Einwachsen von Gewebe auf der Bindehaut. Man bezeichnet dieses Gewebe als „Flügelfell“, der Fachbegriff lautet Pterygium. „Das Gewebe kann sich bis auf die Hornhaut im menschlichen Auge ausbreiten und das Sehvermögen beeinträchtigen.“ Früher sei diese Erkrankung vor allem Menschen aufgetreten, die viel auf dem Feld in der Sonne gearbeitet haben. „Heute sehen wir sie häufig bei Menschen, die viel Sport im Freien treiben oder aus dem Mittelmeerraum oder anderen trocken-heißen Regionen mit viel Staub und Sonneneinstrahlung kommen“, so Kemper. Und nicht zuletzt gibt es auch Hinweise, dass UV-Licht das Voranschreiten der Makuladegeneration, also einer chronischen Erkrankung der Netzhaut, beschleunigt.
Kemper rät deshalb dazu, im Sommer unbedingt zur Sonnenbrille zu greifen. Sie biete einen guten Schutz vor UV-Strahlung und sollte eigentlich ebenso selbstverständlich sei wie der Sonnenschutz der Haut. „Durch die Klimaveränderung und die dünnere Ozonschicht ist die UV-Belastung deutlich stärker geworden. Wir haben viel extremere Sommertage als früher. Deshalb ist eine Sonnenbrille auch in unseren Breitengraden absolut empfehlenswert, sobald wir uns an sonnigen Tagen an der frischen Luft aufhalten.“ In ganz besonderem Maße gelte das für Menschen, die ein geschwächtes Immunsystem haben. Bei diesen Menschen kann der Körper die Schäden, die die UV-Strahlung automatisch verursacht, nicht selbst reparieren. Auch bei Kindern und Jugendlichen sollten Sonnenbrillen an sonnigen Tagen ganz selbstverständlich dazu gehören. „Am besten lernen sie schon früh, dass man im Sommer draußen immer eine Sonnenbrille trägt.“
Lieber das Modell „Audrey Hepburn“ als das Modell „John Lennon“
Auch für den Kauf der Brille hat der Mediziner einige Tipps: „Die Brille sollte unbedingt CE-zertifiziert sein. Das kann auch eine günstige Brille sein – es müssen nicht die hochpreisigen Modelle sein“, sagt er. „Ich würde aber grundsätzlich empfehlen, eher zum Optiker zu gehen als eine Sonnenbrille an der Strandpromenade zu kaufen.“ Außerdem seien größere Gläser empfehlenswert – also eher das Modell „Audrey Hepburn“ als das Modell „John Lennon“. Bei bestimmten Sportarten wie Radsport oder Skifahren ist es laut Kemper empfehlenswert, dass die Brille auch einen seitlichen Schutz hat. Die Tönung, also die Dunkelheit des Glases, hat übrigens nichts mit der Stärke des UV-Schutzes zu tun. Fazit: Eine Sonnenbrille ist immer sinnvoll, um die Augen vor UV-Strahlung zu schützen. Natürlich sollte die Tönung zu den Lichtverhältnissen passen. Überspitzt gesagt: Wer in der Dämmerung mit einer sehr schwarzen Brille Auto fährt, kann natürlich nicht wirklich gut sehen – und riskiert dann aus anderen Gründen seine Gesundheit.