PRESSEMITTEILUNG
Donnerstag, 8. September 2022
Medizinische Notfälle können jeden treffen. Und sie können völlig unterschiedliche Ursachen haben. Wenn ein Mensch plötzlich auf der Straße zusammenbricht oder in einen Unfall verwickelt ist und womöglich leblos daliegt, dann zögern viele Menschen mit ihrer Hilfe. Sie fühlen sich mitunter gehemmt, überfordert und greifen oft zu spät oder gar nicht ein. Einer, der jeden Tag mit medizinischen Notsituationen konfrontiert ist, ist Dr. Jonas Boelsen. Der Chefarzt der Klinik für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin am Klinikum Links der Weser gibt zum Welt-Erste-Hilfe-Tag Tipps, wie Laien in Notfallsituationen am besten helfen können.
„Viele Menschen trauen sich nicht einzugreifen oder haben Angst, etwas falsch zu machen“, sagt Boelsen. Das sei fatal. Denn in den bundesweit durchschnittlich sieben Minuten bis zum Eintreffen des Rettungswagens könnten Laien „einen riesigen Beitrag dazu leisten, dass der Patient oder die Patientin wieder zurück ins Leben findet“, sagt Boelsen. Bereits in den ersten Minuten ohne Sauerstoffversorgung sterben Gehirnzellen ab, was zu bleibenden Schäden führe. „Das Schlimmste ist eigentlich, nichts zu tun.“
Prinzip „Prüfen, Rufen, Drücken“
Doch wie geht man vor? Am besten nach dem Prinzip „Prüfen, Rufen, Drücken“. Der erste Schritt sei laut Boelsen, zu prüfen, ob die Person bewusstlos ist und noch atmet. In jedem Notfall sei es dann oberste Priorität, über 112 den Rettungsdienst zu rufen. Stelle man bei der Person keine Atmung mehr fest, sollte sofort die Herzdruckmassage mittig auf dem Brustkorb gestartet werden. „Wichtig ist, dass man diese schnell und kräftig durchführt“, sagt Boelsen. Der Brustkorb müsse bei der Reanimation fünf Zentimeter tief eingedrückt werden, das Ganze etwas 100 bis 120 Mal in der Minute“.
Dass dabei auch die Rippen belastet werden, mitunter vielleicht sogar brechen könnten, sei in dieser Situation zweitrangig. Auch die Mund-zu-Mund-Beatmung spiele eine weniger wichtige Rolle, der Fokus sollte auf der Herzdruckmassage liegen. Boelsen: „Selbst wenn die Wiederbelebung bis zum Eintreffen der Profis noch nicht erfolgreich war, so hat man bereits einen elementaren Beitrag dazu geleistet, die Chancen auf eine Rettung zu erhöhen.“
Wieder mehr Reanimationen durch Laien
Seit einigen Jahren greifen übrigens wieder mehr Menschen, die bei einem medizinischen Notfall zufällig in der Nähe sind, ein. Lag die sogenannte Laien-Reanimationsquote 2011 noch bei dürftigen 18 Prozent, so ist sie nach Zahlen des Deutschen Reanimationsregisters bis 2021 auf beachtliche 42 Prozent gestiegen. Das heißt also, dass in etwas weniger als jedem zweiten Fall Menschen schon vor dem Eintreffen des Notarztes mit der Reanimation beginnen, wenn sie eine leb- oder regungslose Person vorfinden. In 25 Prozent der Fälle fand die Reanimation unter telefonischer Anleitung statt.
„Das ist eine gute Tendenz, die aber natürlich noch weiter gesteigert werden sollte“, sagt Boelsen. Denn im internationalen Vergleich hinke Deutschland da noch hinterher. In Schweden, Norwegen, den Niederlanden und Tschechien etwa liege die Quote mitunter sogar bei 60 bis 80 Prozent. Ein Wert, den man sich auch in Deutschland zum Ziel gesetzt hat und durch weitere Aufklärungsarbeit in den kommenden Jahren erreichen möchte.
Termintipp: Unter dem Motto „90 Minuten für ein Leben“ organisiert das Klinikum Links der Weser für Sonntag, 16. Oktober (14 bis 18 Uhr), einen Reanimations-Contest unter Jugendfußball-Teams. Die Jugendlichen im Alter von 13 bis 16 Jahren treten dabei in ihren Teams gegeneinander an und lernen dabei, wie man als Laie richtig reanimiert. Rettungsprofis bewerten schließlich, wer den besten Teamgeist gezeigt hat und die Reanimation an einer Puppe am besten durchgeführt hat. Wer Interesse hat, bei der Veranstaltung dabei zu sein kann sich bei rolf.schlueter@gesundheitnord.de melden.