„Wir müssen uns nach den Bedürfnissen unserer Patienten richten“

Chefarztwechsel im Eltern-Kind-Zentrum Prof.-Hess: Prof. Melchior Lauten folgt auf Dr. Martin Claßen

Der neue Klinikleiter bringt nicht nur viel Erfahrung mit, sondern auch eine feste Überzeugung: „Wenn wir wirklich gute Medizin machen wollen, müssen wir uns nach den Bedürfnissen unserer Patienten und ihrer Familien richten“, sagt Prof. Melchior Lauten. Der 52-Jährige ist neuer Chefarzt der Pädiatrie im Eltern-Kind-Zentrum Prof. Hess am Klinikum Bremen-Mitte. Er folgt damit auf Dr. Martin Claßen, der viele Jahre lang die Kinderklinik im Klinikum Links der Weser leitete und im vergangenen Jahr die Kinderkliniken beider Standorte im Eltern-Kind-Zentrum zusammenführte. Er verabschiedet sich nun in den Ruhestand.

Melchior Lauten kommt aus Lübeck nach Bremen. An der dortigen Universitätsklinik hat er 13 Jahre lang die Kinderonkologie geleitet – ein Fach, das ihm seit vielen Jahren besonders am Herzen liegt. „Wenn Kinder an Krebs erkranken, ist das für die ganze betroffene Familie eine riesige Herausforderung und Belastung“, sagt er. „Aber bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten können wir zum Glück ein Licht am Ende des Tunnels sehen. Die Familien in dieser Krisensituation gut zu begleiten, mit Kindern, Eltern und Geschwisterkindern gut zu kommunizieren – das ist mir ein besonderes Anliegen.“

Kinderarzt zu werden – mit diesem Ziel hatte Lauten sein Medizinstudium begonnen, das er in Heidelberg, Wien, Berlin, England und Guatemala absolvierte. „Die Arbeit mit Kindern fand ich schon immer faszinierend. Zwischendurch war ich allerdings von der Kardiologie und der Neurologie so fasziniert, dass ich mir durchaus vorstellen konnte, auch in diesen Disziplinen zu arbeiten,“ erzählt er. Allerdings nur so lange, bis er in seinem Praktischen Jahr in der Kinderklinik eingesetzt war. „Da war für mich endgültig klar: da gehöre ich hin.“ In keiner anderen Disziplin sei die Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten so vielfältig und so spannend: „Wir betreuen ganz kleine Kinder, die sich noch gar nicht äußern können bis hin zu jungen Männern und Frauen, die sehr überlegt kommunizieren. Und immer spielt auch die Familie eine zentrale Rolle.“

Seine ersten beruflichen Schritte als Arzt machte Melchior Lauten an der Medizinischen Hochschule Hannover, wo er unter anderem zur Wirkung von Kortison forschte. „Dabei habe ich die Kinderonkologie näher kennen gelernt und war fasziniert von dem breiten medizinischen Spektrum, das in diesem Fach abgebildet wird.“ Nach einigen Jahren folgte der Wechsel nach Freiburg, wo er seine Facharztausbildung und die Habilitation abschloss und zum Oberarzt wurde, bevor er dann in Lübeck die Leitung der Kinderonkologie übernahm.

Nach Bremen bringt der neue Chefarzt gleich mehrere Themen mit, die er auch hier ausbauen möchte. Dazu gehört die Langzeitnachsorge für Patientinnen und Patienten, die dem Kindesalter entwachsen sind, aber wegen ihrer speziellen Erkrankung keinen passenden Ansprechpartner in der Erwachsenenmedizin finden.  „In Lübeck haben wir für solche Fälle gemeinsam mit den Erwachsenenmedizinern eine spezielle Sprechstunde aufgebaut. Der Bedarf war enorm.“ Zudem möchte Prof. Lauten auch in Bremen besonders darauf schauen, wie der Krankenhausalltag gestaltet werden kann, damit sich seine Patienten möglichst wohl fühlen. „Je mehr wir die eigenen Ressourcen der Kinder stärken, desto besser ist das für ihre Genesung. Als Krankenhaus müssen wir uns deshalb immer die Frage stellen: was können wir tun, damit sich die Kinder und ihre Familien bei uns aufgehoben fühlen? Was brauchen sie während ihres Aufenthaltes?“ In Lübeck beispielsweise schuf er gemeinsam mit Fachleuten für Raumgestaltung einen besonderen Aufenthaltsraum, der den Familien eine Auszeit vom Klinikalltag ermöglichten sollte. Zudem organisierte er kleine Konzerte, die Musikstudenten auf den Stationen gaben – eine Idee, die er gerne auch in Bremen umsetzen würde.

Der gerade erst im vergangenen Jahr bezogene Neubau des Eltern-Kind-Zentrums bietet nach Ansicht des neuen Chefarztes ideale Voraussetzungen für eine patientenorientierte Versorgung: „Das Gebäude ist fantastisch und wirklich durchdacht“, sagt er. Allerdings brauche es auch genug Fachkräfte, um die idealen Bedingungen zu nutzen. „Wir müssen unbedingt in die Pflegeausbildung investieren, um Kinder auch in der Zukunft gut versorgen zu können.“

Seinen Wechsel nach Bremen empfindet Melchior Lauten als Glücksfall: „Hier im Eltern-Kind-Zentrum zu arbeiten und die Kindermedizin in Bremen mitgestalten zu können – das ist eine unglaublich spannende Aufgabe!“ Der dreifache Familienvater will sich nun erst einmal Zeit nehmen, um seine neue Wirkungsstätte kennen zu lernen. In den ersten Wochen wird ihm sein Vorgänger Martin Claßen noch mit Rat und Tat zur Seite stehen, so dass der Übergang gut gelingen kann. Claßens Fachgebiet – die Gastroenterologie, also die Behandlung von Erkrankungen der Verdauungsorgane – soll auch weiterhin ein wichtiger Schwerpunkt der Klinik bleiben. Ebenso wird Lauten die enge Zusammenarbeit mit der Kinderchirurgie fortsetzen, die sich ebenfalls im Eltern-Kind-Zentrum befindet. Und nicht zuletzt freut er sich sehr auch auf die Erweiterung des medizinischen Spektrums seiner Klinik, die für den Juli dieses Jahres geplant ist: dann wird auch die Neonatologie, also die Versorgung von Frühgeborenen, vom Klinikum Links der Weser an das Eltern-Kind-Zentrum ziehen.

Eltern-Kind-Zentrum Prof. Hess
Das Eltern-Kind-Zentrum Prof. Hess ist im Frühjahr 2021 in Betrieb genommen worden. Es liegt auf dem Gelände des Klinikums Bremen-Mitte und vereint fast alle Disziplinen der Kinderheilkunde unter einem Dach – von der allgemeinen Pädiatrie bis zur Kinderchirurgie. Im Juli 2022 werden zudem die Geburtshilfe sowie die Frühgeborenen-Station aus dem Klinikum Links der Weser ins Eltern-Kind-Zentrum ziehen.

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