Elektrophysiologische und Neurosonologische Untersuchungen sind ein unverzichtbarer Bestandteil in der Differentialdiagnostik neurologischer Erkrankungen. Sämtliche Untersuchungen werden nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für klinische Neurophysiologie (DGKN) und der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall (DEGUM) durchgeführt.
Die Klinik für Neurologie bietet folgendes Spektrum an Untersuchungsmethoden an:
Elektrophysiologie-Labor
Elektroenzephalographie (EEG)
Bei der EEG-Untersuchung wird mittels Elektroden, die in einer bestimmten Reihenfolge (sog. Ten-Twenty-System) am Kopf angebracht werden, die elektrische Aktivität des Gehirns gemessen. Die vorgegebene Elektrodenposition ermöglicht im EEG eine korrekte anatomische Zuordnung zu bestimmten Arealen des Gehirns.
Bei Schädigungen oder Störungen des Gehirns oder bestimmter Gehirnareale kommt es zu einer Störung der elektrischen Aktivität, die im EEG durch eine Änderung der abgeleiteten EEG-Kurve erkannt und beurteilt werden kann.
Die Ableitungen schließen je nach Indikation visuelle Blockademanöver, eine Hyperventilationsprovokation sowie eine Photostimulation mit ein.
Indikationen für EEG:
- Epilepsie
- Gedächtnisstörungen / Demenz
- Hirninfarkt, Hirnblutung
- Hirntumor
- Z. n. Schädel-Hirn-Trauma
- Hypoxischer Hirnschaden
- Stoffwechselstörungen mit Beteiligung des Gehirns
Elektroneurographie (ENG)
Die Elektroneurographie ist eine wichtige Untersuchung für die Beurteilung der Funktionsfähigkeit der peripheren Nerven. Die Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit, d. h. die Zeit, die ein Impuls über eine bestimmte Strecke benötigt, ist eine der wesentlichen Messungen bei der Elektroneurographie.
Die Nerven werden mit einzelnen Mini-Stromimpulsen (mA) stimuliert, um die Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) und somit die Leitfähigkeit von Nerven zu messen.
So können Funktionsstörungen der peripheren Nerven wie z.B. bei Polyneuropathie oder Karpaltunnel-Syndrom festgestellt werden. Hierzu ist es zur Differenzierung und exakten Diagnosestellung u. a. wichtig, z. B. zwischen Schädigungen der Nervenscheide (Demyelinisierung) und Schädigungen der Nervenfasern (axonale Läsion) zu unterscheiden.
Sonderfall Repetitive Stimulation:
Bei Erkrankungen, die mit einer raschen Ermüdbarkeit der Muskulatur einhergehen. Dabei wird der untersuchte Muskel mit mehreren kurz aufeinander folgenden Stromimpulsen stimuliert und die Muskelantwort auf jeden Impuls aufgezeichnet.
Indikationen für ENG:
- Mono- und Polyneuropathien
- Guillain Barre`Syndrom
- Myasthenia gravis
- Engpass- bzw. Kompressionssyndrome
- Druckschädigungen von Nerven
- Traumatische Nervenverletzungen
Zur aussagekräftigen Beurteilung des peripheren Nervensystems und der Muskeln muss die Elektroneurographie in der Regel in Kombination mit der Elektromyographie angewandt werden, da sowohl myogene (Muskel) als auch neurogene (Nerv) Störungen eine Veränderung im Muskel bewirken können.
Elektromyographie (EMG)
Bei der Elektromyographie wird die elektrische Aktivität des Muskels gemessen. Das EMG wird angewandt zur Beurteilung von Schädigungen der Nerven (neurogene Schädigung) und der Muskulatur (myogene Schädigung) bzw. deren Differenzierung untereinander.
Da jeder Muskel von einem Nerven angesteuert wird und von dort den Impuls zur Muskelkontraktion erhält, kann durch die EMG-Messung beurteilt werden, ob die Impulsweiterleitung von Nerven zum Muskel normal oder gestört ist. Je nach Dauer und Ausmaß der Schädigung können unterschiedlich starke krankhafte Veränderungen im EMG vorliegen.
Bereits kurze Zeit nach einer Nervenschädigung zeigt das EMG Auffälligkeiten, so dass frühzeitig unterschieden werden kann, ob z. B. eine Lähmung vorliegt, die durch eine Nervenschädigung hervorgerufen wird.
Auch nach Nervenschädigung kann das EMG im zeitlichen Verlauf zeigen, ob Reparaturmechanismen stattgefunden haben und „neue“ Nervenverbindungen zum Muskel geschaffen wurden bzw. noch vorhandene Verbindungen sich erholt haben.
Die Messung der elektrischen Muskelaktivität erfolgt mit dünnen Nadelelektroden. Sie kann sowohl bei Muskelerkrankungen als auch bei Läsionen peripherer Nerven typische Veränderungen der elektrischen Muskelaktivität zeigen.
Indikationen für EMG:
- Unklare Lähmungen (Paresen) der Extremitäten
- Radikuläre Nervenschädigungen (z. B. Nervenkompression durch Bandscheibenvorfall)
- Muskelschmerzen und verminderte muskuläre Belastbarkeit
- Verlaufskontrolle und Prognose einer Nervenschädigung
Evozierter Potentiale (EP)
Die evozierten Potentiale dienen zur Messung längerer bzw. funktionell zusammen-hängender Nervenbahnen. Ähnlich wie bei der Elektroneurographie (ENG) wird ein Impuls an einem Nerven abgegeben. Dann misst man wie lange es dauert, bis dieser Impuls in bestimmten Bereichen des Gehirns ankommt. Es erfolgt also eine Messung der zentralen sowie peripheren Nervenleitfähigkeit vom Gehirn bis zum Zielmuskel (Efferenz) bzw. von einem stimulierten Nerv bis zum Gehirn (Afferenz).
Im Einzelnen werden unterschieden:
Akustisch evozierte Potentiale (AEP): Es erfolgt eine Reizung der Hörbahn durch Klicktöne über Kopfhörer und Ableitung der Reaktion des Gehirns auf diesen Hörreiz über an der Kopfhaut angebrachte Elektroden. Hierbei können Ausfälle
z. B. durch ein Akustikusneurinom verursacht werden. Aber auch bei Schädigungen im Hirnstamm kann diese Methode zur genaueren Lokalisation der Läsion herangezogen werden.
Visuell evozierte Potentiale (VEP): Stimulation des visuellen Kortex durch bewegte Schachbrettmuster standardisierter Größe und Überprüfung der Sehbahn, die z. B. bei einer Entzündung des Sehnerven (Optikusneuritis) auffällig wäre. Hierzu werden Elektroden an der Kopfhaut am Hinterkopf angebracht, um die Antwort der Sehrinde des Gehirns (visueller Kortex) zu messen. So lässt sich die Integrität des gesamten visuellen Systems von der Netzhaut des Auges bis zur Sehrinde untersuchen.
Somatosensibel evozierte Potentiale (SSEP): Hier wird mit Hilfe von an der Kopfhaut angebrachten Elektroden die Reizantwort der Großhirnrinde auf eine elektrische Stimulation eines peripheren Nerven an Arm oder Bein über die Weiterleitung dieses Impulses über das Rückenmark zu den kortikal reizverarbeitenden Strukturen im Gehirn gemessen.
So lässt sich die funktionelle Integrität des gesamten sensiblen Systems vom peripheren Nerven bis zur Hirnrinde untersuchen. Der Methode kommt insbesondere bei der Untersuchung des zentralen Anteils des sensiblen Systems (Hirnrinde/Kortex und Rückenmark) eine wichtige und auch prognostische Bedeutung zu.
Motorisch evozierte Potentiale (MEP): Über eine Stimulation des Kortex (Hirnrinde) mittels eines Magnetfeldes und einer so ausgelösten Muskelkontraktion erfolgt die Prüfung der Erregungsleitung über die motorische Bahn bis zum definierten Zielmuskel. So lässt sich die gesamte motorische Leitungsbahn von der Hirnrinde (motorischer Kortex) bis zum Muskel untersuchen. Der Methode kommt bei der Untersuchung und Beurteilung des zentralen Anteils des motorischen Systems eine wichtige Bedeutung zu.
Blinkreflex (BlinkR): Der Blinkreflex testet den Weg, den ein Reiz vom Auslöser zum reagierenden Organ nimmt (Reflexbogen). Durch eine elektrische Stimulation nacheinander rechts und links im Bereich der Augenbraue (am Foramen supraorbitale / M. orbicularis-oculi-Reflex) wird ein unwillkürliches Blinzeln ausgelöst. Die Reaktion gibt Aufschluss über den Reflexbogen zwischen den Hirnnerven N. Trigeminus und N. Fazialis, die beide für Wahrnehmung und Bewegung im Gesichtsbereich zuständig sind. Ziel der Untersuchung ist es, Schädigungen im Bereich des Hirnstammes nachzuweisen.
Indikationen für Evozierte Potentiale:
- Alle Formen von Unterbrechung und Schädigung von Nervenbahnen
- Multiple Sklerose
- Rückenmarkserkrankungen
- Bandscheibenerkrankungen
Neurosonografie-Labor (Ultraschall)
- Extra- und intracranielle Duplexsonographie der hirnversorgenden Arterien
- Extra- und intracranielle Dopplersonographie der Arterien
- Funktionstest: Bestimmung der cerebro-vaskulären Reservekapazität
Beim Ultraschall der Halsgefäße und der Hirngefäße werden mittels unschädlichen und schmerzfreien Ultraschall-Wellen die hirnversorgenden Gefäße am Hals (extracraniell) und im Gehirn (intracraniell) untersucht, die das Gehirn mit Blut und damit mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen. Die Methode ist in der Regel schnell und unkompliziert durchführbar. Dabei können vor allem Gefäßverengungen (Stenosen) oder auch Gefäßverschlüsse nachgewiesen werden.
Unser Team:
Levan Chikvaidze
Oberarzt
Hans Henning Muhl
Oberarzt - Neurosonologie
Sepideh Beliaeva
Leitende Ärztin der Elektrophysiologie
Katharina Ruth
Medizinische Fachangestellte (MFA)
Laura Schulze
Medizinische Fachangestellte (MFA)
Weiterbildung:
Jeweils ein Arzt/Ärztin in Weiterbildung in der Elektrophysiologie und im Ultraschall-Labor für 6 Monate (Rotation)