In diesem Bereich stellen wir Ihnen ausgewählte schwerpunktmäßige Krankheitsbilder, die in unserer Klinik behandelt werden, vor.
Solide Tumoren:
Über 90% der Krebserkrankungen in Deutschland sind sogenannte „solide Tumoren“, d. h. bösartige Erkrankungen die aus dem Gewebe bestimmter Organe entstanden sind, z.B. Darm, Haut oder Brustgewebe. Um die korrekte Einordnung vorzunehmen erfolgt üblicherweise eine Biopsie (Tumorprobe). Diese wird meistens im Rahmen eines kurzen stationären Aufenthaltes gewonnen. Mittels moderner Bildgebung (CT, MRT, weitere Verfahren) wird die Ausbreitung des Tumors festgestellt. Jeder Patient wird in einem Tumorboard vorgestellt, dort wird interdisziplinär die beste Behandlung festgelegt.
Im Onkologischen Zentrum werden alle Tumor-Behandlungsmethoden angeboten (Operation, Strahlentherapie, Chemotherapie, Immuntherapien, zielgerichtete Therapien). Während Operationen und intensive Chemotherapien stationär erfolgen, sind weitere Behandlungen, insbesondere Kurz-Chemotherapien, Immuntherapien und Bestrahlungen meist ambulant durchführbar. Innerhalb des Onkologischen Zentrums erfolgt die Behandlung organbezogen, d.h. Patienten mit Lungentumoren werden vor allem in der Pneumologie des KBO behandelt, Brustkrebspatientinnen im Brustkrebszentrum des KBM und so weiter.
Akute Leukämien
Akute Leukämien entstehen aus den Blutstammzellen des Knochenmarks. Der Verdacht oder die Diagnose einer akuten Leukämie erfordert häufig eine schnelle medizinische Versorgung da die Erkrankung sehr schnell fortschreitet. Abhängig von der Art der akuten Leukämie und dem Alter und Begleiterkrankungen des Patienten führen wir die notwendige Diagnostik durch und planen die Behandlung der Erkrankung. Dies kann intensive Chemotherapie sein, in anderen Fällen ist jedoch auch eine weniger intensive oder zielgerichtete Therapie die bessere Option. Für Leukämiepatienten können wir in vielen Fällen auch die Teilnahme in Therapiestudien anbieten, so dass Sie jeweils die Behandlung nach dem aktuellsten wissenschaftlichen Stand erhalten können. Manchmal ist nach der initialen Therapie eine allogene Blutstammzelltransplantation nötig, die Sie ebenfalls in unserer Klinik durchführen lassen können (s.u.).
Lymphome
Lymphome sind insgesamt seltene Krebserkrankungen. Bei Lymphknotensschwellungen und Verdacht auf eine bösartige Ursache erfolgen Biopsie und Ausbreitungsdiagnostik. Hier ist eine ausreichend große Lymphknotenprobe wichtig, die operativ oder als sogenannte Stanzbiopsie gewonnen wird. Oft ist eine Knochenmarkpunktion erforderlich. Die Beurteilung der Proben erfolgt im KBM, teilweise auch durch spezialisierte Zentren, häufig ist auch noch eine referenzhistologische Beurteilung in spezialisierten pathologischen Instituten nötig.
Nach erhaltender Diagnose werden Lymphompatienten in unserem hämatologischen Tumorboard vorgestellt und ein Therapieplan festgelegt. Durch chirurgische Methoden kann ein Lymphom meist nicht komplett geheilt werden, Antikörper-Chemotherapien sind Mittel der Wahl, teils in Kombination mit Bestrahlung. Die Behandlung erfolgt durch das Team unserer Klinik, größtenteils ambulant.
Einige Lymphome sind wenig bösartig und können alle 3-6 Monate kontrolliert werden (abwartende Verlaufsbeobachtung). Ob im Verlauf eine Behandlung nötig ist wird durch den behandelnden Arzt gemeinsam mit dem Patienten entschieden.
Myeloproliferative Neoplasien
Bei myeloproliferativen Neoplasien produziert das Knochenmark „zu viel“ von allem. Oft geht die Erkrankung mit einer belastenden Milzvergrößerung einher. Durch eine Knochenmarkbiopsie kann die Erkrankung gesichert und weiter eingeordnet werden. Therapiemöglichkeiten sind vielfältig und reichen von Aderlass, Blutverdünnung bis hin zu zielgerichteten Therapien. Nahezu alle diagnostischen und therapeutischen Schritte finden ambulant statt. Eine allogene Stammzelltransplantation ist die Therapie der Wahl für ausgewählte Patienten.
Eine spezielle myeloproliferative Neoplasie ist die chronisch myeloische Leukämie (CML), für die exzellente Behandlungsoptionen bestehen.
Multiples Myelom
Das Multiple Myelom ist eine Erkrankung der Plasmazellen, den Antikörper-produzierenden weißen Blutkörperchen des Immunsystems. Häufig führt diese Erkrankung zur Zerstörung von Knochengewebe (Osteolysen) oder Schädigung von Niere und Knochenmark. Die Behandlung besteht meistens aus einer Kombination von Immun- und Chemotherapie, gefolgt von einer Hochdosis-Chemotherapie mit autologer Blutstammzelltransplantation. Danach folgt eine Erhaltungstherapie, die häufig über viele Jahre fortgeführt wird.
Gutartige Hämatologie
Unter gutartiger (benigner) Hämatologie werden alle Krankheiten zusammengefasst, denen kein neoplastisches (Krebs)Wachstum zugrunde liegt. Die Erkrankungen sind sehr unterschiedlich und reichen von eher harmlosen Veränderungen wie Eisen-/Vitaminmangelzuständen bis hin zu schwerwiegenden, lebensbedrohlichen Erkrankungen wie hämolytischen oder aplastischen Anämien. Man unterscheidet zwischen erworbenen und angeborenen hämatologischen Erkrankungen. Viele der häufigeren Störungen, z. B. Eisenmangel, werden von Hausärzten behandelt. Oft ist die Suche nach Blutungsquellen erforderlich, zum Beispiel mittels Magen-/Darmspiegelung. Wir bieten in allen Fällen von gutartigen hämatologischen Erkrankungen die Mitbetreuung und Ursachensuche an.
THERAPIEFORMEN
In unserer Klinik werden Therapieentscheidungen grundsätzlich zusammen mit dem Patienten und nach Diskussion der Erkrankungssituation in den interdisziplinären Tumorboards des Onkologischen Zentrums getroffen. Dabei handeln wir nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Besonders im Bereich der Leukämien und Lymphome bieten wir wenn möglich die Therapie in Studien an. Die Teilnahme hieran ist freiwillig. Information zu den verfügbaren Studien finden Sie unter dem Abschnitt Studien und Klinische Forschung. Im Folgenden erklären wir unterschiedliche Formen der Krebstherapie.
Chemotherapie
Durch Gabe von Chemotherapie werden vor allem schnell wachsende Zellen angegriffen. Bei vielen Erkrankungen, z. B. Leukämien und Lymphomen erfolgt die Gabe in kurativer Intention, das heißt das Ziel ist die Heilung der Erkrankung. Bei anderen Erkrankungen soll die Therapie das Tumorwachstum verzögern (palliative Chemotherapie). Ein Sonderfall ist die adjuvante Chemotherapie, hier soll nach einer Operation durch eine kurzzeitige Therapie das langfristige Überleben verbessert werden. Relativ neu ist die neoadjuvante Therapie, die insbesondere bei Brustkrebs eingesetzt wird und bereits vor Operation eine möglichst vollständige Zerstörung des Tumors zum Ziel hat.
Chemotherapie kann mit Nebenwirkungen einhergehen wie Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit. Gegen diese Nebenwirkungen existieren sehr gute Medikamente, die wir standardmäßig prophylaktisch einsetzen. Weitere Nebenwirkungen sind Haarausfall, Schleimhautentzündungen, Nervenstörungen (alle meist reversibel). Wichtig sind die Auswirkungen auf das Blutbild, hierdurch besteht eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen und Blutungen. Vor einer Chemotherapie sollten Impfungen überprüft und ggf. aufgefrischt werden.
Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation
Als Hochdosistherapie werden Chemotherapien bezeichnet, die ein schwerwiegende Knochenmarkschädigung zur Folge haben und aus diesem Grunde potenziell lebensbedrohlich sind. Durch Einsatz eigener Blutstammzellen nach der Chemotherapie wird die Phase der Abwehrschwäche (Aplasie) deutlich verkürzt und die Gefahr der Therapie begrenzt. Die Stammzellen werden einige Wochen vor der Hochdosistherapie gesammelt. Bei einigen Erkrankungen sind mehrere Hochdosistherapien erforderlich. Sammeln der Stammzellen und Hochdosistherapie werden stationär durchgeführt.
Allogene Stammzelltransplantation
Die allogene Stammzelltransplantation ist ein Verfahren zur Therapie hämatologischer Neoplasien. Behandelt werden vor allem Patienten mit akuten Leukämien (AML, ALL) und myelodysplastischen Syndromen (MDS). Neben neuen Stammzellen erhalten die Patienten durch die Transplantation ein neues Immunsystem, welches verbleibende Leukämiezellen angreifen kann. Dieser Immuneffekt (Graft-versus-leukemia) ist der wichtigste und langanhaltendste Effekt dieser intensiven Therapie.
Die schwerwiegendste Nebenwirkung und langanhaltender Nebeneffekt ist die Graft versus Host Erkrankung, „Transplantat gegen Wirt-Erkrankung“. Sie kann akut und chronisch auftreten und muss je nach Schweregrad interdisziplinär behandelt werden. Dennoch ist die allogene Stammzelltransplantation bei vielen Erkrankungen die einzig heilende Therapie.
Die allogene Transplantation wird stationär durchgeführt, Kontrollen nach der Transplantation erfolgen ambulant in unserer Stammzell-Ambulanz.
Zielgerichtete Therapien:
Viele onkologische Erkrankungen entstehen aufgrund genetischer Veränderungen der Tumorzellen. Ein Beispiel ist die chronisch myeloische Leukämie (CML), bei der in den betroffenen Zellen durch Fusion der Chromosomen t(9;22) ein neues Protein (BCRL-ABL) entsteht, welches der Zelle eine Überlebens- und Wachstumsvorteil verschafft. Zielgerichtete Therapeutika wie Imatinib können dieses Protein „ausschalten“, ein Absterben der leukämischen Zelle und eine Heilung der Erkrankung ist die Folge. Dabei gibt es zielgerichtete Therapien in Form von Tabletten und auch in Form von Antikörpern (Applikation intravenös oder subkutan/unter der Haut). Zielgerichtete Antikörper können auch mit Chemotherapie kombiniert werden (sogenannte Antibody-Drug-Konjugate, ADC).
Immer mehr Zielstrukturen werden durch neuartige Forschungsansätze identifiziert. Zielgerichtete Therapien sind sehr viel wirksamer als „normale“ Chemotherapien, jedoch nicht nebenwirkungsfrei. Ob bei Ihrer Erkrankung eine zielgerichtete Therapie eingesetzt werden kann, überprüfen wir in Kooperation mit unseren, teils auch mit externen Pathologen.
Immuntherapie
Unter Immuntherapie werden alle Therapien zusammengefasst, die das körpereigene Immun (Abwehr)system nutzen um den Krebs zu bekämpfen.
- Checkpoint-Inhibitoren: Krebszellen können mit Abwehrzellen am sogenannten „Immun-Checkpoint“ interagieren und diese hemmen (inhibieren). Die Abwehrzellen werden in der Folge geschwächt und greifen die Krebszellen nicht mehr an. Checkpoint-Inhibitoren blockieren diese Interaktion und aktivieren die Abwehrzellen. Diese können dann die Tumorzellen angreifen und zerstören. Das Prinzip der Checkpoint-Inhibition wurde bei Melanom (schwarzem Hautkrebs) zuerst entdeckt, funktioniert jedoch bei vielen anderen Tumoren. Die Nebenwirkungen der Checkpoint-Inhibitoren ähneln Autoimmunphänomenen und sind anders als bei klassischer Chemotherapie. Im Gegensatz zu Chemotherapie-Nebenwirkungen können sie auch noch lange (bis 6 Monate nach Ende der Therapie) auftreten.
- BiTe: Eine neuartige Form der Immuntherapie sind die bispezifischen Antikörper (BiTe, Bi-specific T-cell engagers). Die Antikörper haben zwei Zielstrukturen, einen für T-Zellen (spezielle Abwehrzellen) und eine für ein Tumorantigen. Diese Antigene befinden sich auf der Tumorzell-Oberfläche. Die T-Zelle gelangt durch Andocken an den Antikörper in die unmittelbare Nähe des Tumors und kann diesen attackieren. Die Gabe dieser speziellen Medikamente muss zunächst stationär erfolgen, da eine sehr starke (überschießende) Immunreaktion möglich ist. Bei guter Verträglichkeit erfolgt die weitere Therapie ambulant.
- CAR-T-Zellen: Für diese Therapie werden dem Patienten mittels einer Leukapherese über die Venen Lymphocyten (Immunzellen) entnommen, die im Labor genetisch so modifiziert werden, dass sie mit einem CAR (Chimeric Antigen Receptor) ausgestattet in der Lage sind, den Tumor zu erkennen. Nach der genetischen Veränderung werden die CAR-T-Zellen dem Patienten als Infusion verabreicht. Die CAR-T Zellen vermehren sich und greifen den Tumor an. Diese Therapie führen wir an unserem Zentrum noch nicht durch, geeignete Patienten werden durch uns frühzeitig an der Medizinischen Hochschule Hannover vorgestellt. Vor- und Nachbehandlung erfolgen an unserem Zentrum, die Durchführung der CAR-T-Zell-Therapie (meist 10-14 Tage) an der MHH.
Strahlentherapie
Bei manchen Tumorerkrankungen ist die Strahlentherapie eine geeignete Therapieform. Sie kann kurativ eingesetzt werden (z.B. bei kleineren Lungentumoren), zur Stabilisierung von Knochenmetastasen und auch zur Schmerzbehandlung. Zudem erfolgt der Einsatz im Anschluss an Operationen oder auch kombiniert mit Chemotherapie. Bestrahlungen werden durch das Team des MVZ- Hanse für Strahlentherapie durchgeführt, stationäre Behandlungen meist auf Station Weser.
Chirurgie
Zahlreiche Tumorerkrankungen können durch eine Operation oder eine Kombination von operativen Verfahren mit anderen Therapien gut behandelt werden. Im Onkologischen Zentrum erfolgen Operationen organbezogen, d.h. durch die jeweiligen Fachkliniken.