Fetale Alkohlspektrumstörungen
Betreuungskonzept für Kinder mit Fetaler Alkoholspektrumstörung (FASD) im Sozialpädiatrischen Institut (SPI)
Die Betreuung erfolgt in einem multiprofessionellen Team, welches sich in der Zusammensetzung an dem Alter des Kindes und an der individuellen Problematik orientiert. Ein Schwerpunkt ist die Betreuung von Kindern mit Entwicklungsstörungen durch Alkoholkonsum in der Schwangerschaft.
Diagnosestellung:
Die Diagnosestellung erfolgt durch unsere Kinder- und Jugendärzte mit sozialpädiatrischem oder neuropädiatrischem Schwerpunkt in Zusammenarbeit mit Psychologinnen, Heilpädagoginnen, Physiotherapeutinnen und einer Sozialarbeiterin aus dem Betreuungsteam - dabei orientieren wir uns an den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin.
Zur Diagnosestellung werden die Angaben über Schwangerschaft und Geburt sowie zur Familienanamnese unter Berücksichtigung der psycho-sozio-emotionalen Entwicklungsbedingungen einbezogen. Zudem wird eine umfassende körperliche Untersuchung einschließlich einer Beurteilung möglicher typischer Auffälligkeiten (sogenannter Lip-Philtrum-Guide nach Astley) sowie eine Bestimmung der Lidspaltenbreite durchgeführt. Natürlich beziehen wir auch andere Ursachen für angeborene Entwicklungsstörungen in unsere Überlegungen mit ein und empfehlen gegebenenfalls weitere Untersuchungen.
Jedes Kind erhält zudem eine entwicklungsneurologische Einschätzung oder eine neuropsychologische Diagnostik mit Feststellung des Intelligenzprofils. Für Säuglinge und Kleinkinder sind eine entwicklungsneurologische Diagnostik mit einer umfangreichen Verhaltensbeobachtung und eine heilpädagogische Entwicklungsbeurteilung vorgesehen. Bei Kleinkindern bis zum 3. Lebensjahr kann der Entwicklungstest ET 6-6 oder der Bayleys Entwicklungstest verwendet werden. Vorschulkinder und Schulkinder erhalten eine standardisierte Intelligenztestung mit mehrdimensionalen Testverfahren.
Behandlungskonzepte:
Das SPI-Team erstellt für jedes Kind eine Förder- und Behandlungsempfehlung, die sich am Alter und an der individuellen Schwere der Entwicklungsstörungen sowie den Ressourcen des Kindes und des Umfeldes orientiert. Hierzu können bei Kindern, die weiterhin in ihrer Herkunftsfamilie leben, auch entsprechende soziale Unterstützungen (Familienhilfe, AfSD) sinnvoll sein. Kinder, die in Pflegefamilien leben, werden zumeist über entsprechende Beratungseinrichtungen (z.B. Pflegekinder in Bremen) unterstützt.
Säuglinge und Kleinkinder
Bei Säuglingen und Kleinkindern ist zu klären, ob eine Frühförderung, eine Mitbetreuung durch eine Tagesmutter oder eine Aufnahme in eine Kinderkrippe sinnvoll oder notwendig ist. Kleinkinder benötigen zudem häufig eine inklusive Förderung im Kindergarten und ggf. weitere spezifische Therapien (Logopädie, Physiotherapie oder Ergotherapie).
Schulkinder
Schulkinder benötigen häufig einen individuell angepassten Lernstoff, da sie ein reduziertes Lerntempo aufweisen. Sie sind deshalb auf eine schulische Förderung im Rahmen der Inklusion angewiesen. Spezifische Therapien können vor allem bei Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen erforderlich sein (z. B. Marburger Konzentrationstraining). Bei Kindern, die mit einer Intelligenzminderung schwerer betroffen sind, kann eine persönliche Assistenz oder eine Beschulung in einer Kleinklasse (KOOP-Klasse) erforderlich sein.
Kinder und Jugendliche mit Auffälligkeiten im Verhalten
Je nach aktueller Situation stehen wir für eine Beratung für die Entlastung der Familien oder Bezugspersonen zur Verfügung. Bei Kindern und Jugendlichen mit Verhaltensstörungen kann auch eine Weiterleitung an niedergelassenen Kindertherapeuten oder auch Behandlung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie hilfreich sein.
Mit dem Ende des Schulbesuches ist in enger Kooperation mit dem Arbeitsamt eine mögliche Ausbildung oder Beschäftigung zu suchen.
Zur sozialen Absicherung ist neben der Diagnosestellung und der Festlegung der Beeinträchtigungen die Beantragung eines Schwerbehinderten-Ausweises und ggf. auch einer Pflegestufe sinnvoll. Auch hierbei unterstützen und beraten wir die Eltern/Pflegeeltern. Für diese und auch weitere Fragestellungen steht unserem SPI-Team eine Sozialarbeiterin zur Seite.